Wahlfach Frühlingssemester 2018

Pairi-daeza: Umgrenzung

Wahlfach Pairi-daeza, Frühlingssemester 2018: Spadenland, Bunthäuser Spitze, Hamburg 2010. © Reinhard Kraasch
Wahlfach Pairi-daeza, Frühlingssemester 2018: Spadenland, Bunthäuser Spitze, Hamburg 2010. © Reinhard Kraasch
www.Aufwind-Luftbilder.de im Auftrag der BSU. Quelle: http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/4258586/2014-01-28-bsu-wilhelmsburger-elbinsel/
Plakat Pairi-daeza, Frühlingssemester 2018

Die als «Grüne Metropole» bekannte Freie und Hansestadt Hamburg besticht durch ihre Vielzahl an Parks, Friedhöfen und Kleingärten, die zusammen mit den prägenden Gewässern ein zusammenhängendes und robustes Netz von öffentlichen Freiräumen bilden. Den Grundstein dafür legte das visionäre Achsenkonzept von Fritz Schumacher, dessen wegweisender Federplan von 1920 bis heute Gültigkeit besitzt. Trotz dieser unbestrittenen Qualitäten sieht sich die boomende Hafenstadt heute mit grundlegenden städtebaulichen und landschaftlichen Herausforderungen konfrontiert, die u.a. mit dem «Sprung über die Elbe» gelöst werden sollen. Auf den südlichen Elbinseln – heute ein fragmentiertes urbanes Gefüge – bietet sich die Möglichkeit, die hohe Nachfrage nach Wohnraum zu stillen, alte Industriebrachen zu regenerieren und eine Strategie für die Zukunft grossräumiger, innerstädtischer Landschaftsräume zu entwickeln. Hier setzt das Wahlfach an: Anhand eines diffusen urbanen Territoriums am südlichen Stadtrand fragen wir nach dem Inhalt und der Form einer neuartigen Landschaft, welche die unterschiedlichen Nutzungsansprüche von Freizeit, Erholung, Naturschutz, Landwirtschaft, Hochwasserprävention und Verkehrsinfrastruktur zu vereinen vermag. Unter dem Leitthema «Umgrenzung» befassen wir uns mit verschiedenen Typen und Qualitäten von Landschaft und entwerfen eine zeitgenössische Metropolitanlandschaft für Hamburgs Süden.

Archiv

Territorium der Stadt

Die Art und das Ausmass der Nutzung von Landschaft haben sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Einerseits wird die Ressource Landschaft heutzutage viel intensiver genutzt, wie dies die starke Zunahme von Rohstoffabbau und Materialtransporten sowie der massive Ausbau von Infrastrukturen verdeutlichen. Gleichzeitig wird die Nutzung in gewissen Gebieten auch extensiviert, wodurch Verbrachungs- und schliesslich Verwilderungsprozesse eintreten. Darüber hinaus sind Landschaften zunehmend rasanten und teilweise global wirkenden Veränderungen in Mobilität, Klima, Energie und Freizeitverhalten unterworfen. In der Summe führt dies zu einer tiefgreifenden Transformation von Landschaften, wobei der Wandel sehr uneinheitlich und ungleich erfolgt.

Die historische Koexistenz und räumliche Trennung von bis anhin in die Landschaft eingelagerten Nutzungen (z.B. Landwirtschaft, Verkehr oder Tourismus) löst sich zunehmend auf. An ihre Stelle tritt eine operationalisierte Landschaft, in die im metropolitanen Kontext vermehrt auch informelle Erholungs- und Sportnutzungen eingeschrieben sind. Es entstehen neue Formen von «Parks», die nicht mehr klar fass- und einordnungsbar sind, sondern sich temporär und räumlich diffus auf das urbane Territorium ausbreiten.

Die treibenden Kräfte hinter dieser Entwicklung sind einerseits im Ausbau der Infrastrukturnetzwerke des ÖV und andererseits in der oftmals chronischen Übernutzung innerstädtischer Freiräume zu verorten. Die Erholungssuchenden weiten als Folge ihren Aktionsradius auf die schnell erreichbaren und unmittelbar verfügbaren Freizeitlandschaften aus. Dieser Prozess erfolgt oftmals informell und resultiert in einer Überlagerung und Verflechtung von teilweise konträren Interessen.

Die Reibungen und Konflikte, die daraus entstehen, bergen dabei grosses Potential: Landschaft wird nicht mehr länger nur als ökonomische, sondern vermehrt auch als öffentliche Ressource begriffen, was eine zukünftige Debatte über die Art und Weise ihrer Nutzung und die Möglichkeit einer integralen, demokratischen Entwicklung von Landschaft als öffentliches Gut ermöglicht.

Pairi-daeza

Das Wort «Paradies» mit seinen religiösen Implikationen geht zurück auf «pairi-daeza», altpersisch für «eine Mauer, die einen Garten umschliesst». Pairi-daeza nennt sich eine Wahlfachserie, die sich mit der Aneignung von Landschaft als gemeinschaftliche Ressource in europäischen Metropolen befasst und neue Formen und Typen des öffentlichen Raums erkundet. Das Wahlfach führt anhand den Grundelementen Umgrenzung, Schwelle, Wasser, Vegetation, Topographie, Choreographie und Metapher in das landschaftsarchitektonische Entwerfen auf unterschiedlichen Massstäben ein. Die Architekturstudierenden entwickeln ein Projekt aus Wahrnehmungen des Orts, Kenntnissen der landschaftsarchitektonischen Typologie und Vorstellungen zum öffentlichen Raum. Sie machen sich mit GIS als Analysetool, Modellbau als Entwurfsmethode und landschaftsarchitektonischer Plandarstellung vertraut. Der Entwurfsprozess wird von Workshops, Vorlesungen, Exkursionen, Kritiken sowie einem Workbook begleitet.

Miniatur aus dem Halname, Herat, 1604