Wahlfach Herbstsemester 2016

Pairi-daeza: Wasser

Blick vom südlichen Stadtrand mit Autobahnring und dem Fluss Ljubljanica in Richtung Stadtzentrum von Ljubljana
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Das Wahlfach «Pairi-daeza», das sich mit der Aneignung von Landschaft als öffentliche Ressource in europäischen Metropolen befasst, wird im Herbstsemester 2016 in Ljubljana stattfinden. Auf den Spuren von Sitte, Fabiani und Plečnik untersuchen wir die Hauptstadt von Slowenien aus der Sicht des öffentlichen Raumes und fragen nach ihrem spezifischen Bezug zur Landschaft: Durch die einzigartige geografische Lage am Rande des Laibacher Beckens ist die kleine Metropole stark durch das Wasser geprägt – geomorphologisch, kulturhistorisch und städtebaulich. Während jedoch der Fluss Ljubljanica die Stadt als intensiv genutzter urbaner Raum durchfliesst und gliedert, besteht am südlichen Stadtrand wenig Bezug zur unmittelbar angrenzenden Barje, eine ausgedehnte, flache, landwirtschaftlich genutzte Moorlandschaft. Während eines zweitätigen Field Trips im Oktober untersuchen wir das Potential dieser Landschaft und fragen nach dem Inhalt und der Form eines grossmasstäblichen Parks. Unter dem Leitthema ‹Wasser› befassen sich die Studierenden mit verschiedenen Parktypen und ihrer Verbindung zur Stadt. Daraus entwickeln sie ein Nutzungsszenario und entwerfen einen metropolitanen Park für Ljbuljana.

 

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Territorium der Stadt

Die Art und das Ausmass der Nutzung von Landschaft haben sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Einerseits wird die Ressource Landschaft heutzutage viel intensiver genutzt, wie dies die starke Zunahme von Rohstoffabbau und Materialtransporten sowie der massive Ausbau von Infrastrukturen verdeutlichen. Gleichzeitig wird die Nutzung in gewissen Gebieten auch extensiviert, wodurch Verbrachungs- und schliesslich Verwilderungsprozesse eintreten. Darüber hinaus sind Landschaften zunehmend rasanten und teilweise global wirkenden Veränderungen in Mobilität, Klima, Energie und Freizeitverhalten unterworfen. In der Summe führt dies zu einer tiefgreifenden Transformation von Landschaften, wobei der Wandel sehr uneinheitlich und ungleich erfolgt.

Die historische Koexistenz und räumliche Trennung von bis anhin in die Landschaft eingelagerten Nutzungen (z.B. Landwirtschaft, Verkehr oder Tourismus) löst sich zunehmend auf. An ihre Stelle tritt eine operationalisierte Landschaft, in die im metropolitanen Kontext vermehrt auch informelle Erholungs- und Sportnutzungen eingeschrieben sind. Es entstehen neue Formen von «Parks», die nicht mehr klar fass- und einordnungsbar sind, sondern sich temporär und räumlich diffus auf das urbane Territorium ausbreiten.

Die treibenden Kräfte hinter dieser Entwicklung sind einerseits im Ausbau der Infrastrukturnetzwerke des ÖV und andererseits in der oftmals chronischen Übernutzung innerstädtischer Freiräume zu verorten. Die Erholungssuchenden weiten als Folge ihren Aktionsradius auf die schnell erreichbaren und unmittelbar verfügbaren Freizeitlandschaften aus. Dieser Prozess erfolgt oftmals informell und resultiert in einer Überlagerung und Verflechtung von teilweise konträren Interessen.

Die Reibungen und Konflikte, die daraus entstehen, bergen dabei grosses Potential: Landschaft wird nicht mehr länger nur als ökonomische, sondern vermehrt auch als öffentliche Ressource begriffen, was eine zukünftige Debatte über die Art und Weise ihrer Nutzung und die Möglichkeit einer integralen, demokratischen Entwicklung von Landschaft als öffentliches Gut ermöglicht.

Pairi-daeza

Das Wort «Paradies» mit seinen religiösen Implikationen geht zurück auf «pairi-daeza», altpersisch für «eine Mauer, die einen Garten umschliesst». Pairi-daeza nennt sich eine Wahlfachserie, die sich mit der Aneignung von Landschaft als gemeinschaftliche Ressource in europäischen Metropolen befasst und neue Formen und Typen des öffentlichen Raums erkundet. Das Wahlfach führt anhand den Grundelementen Umgrenzung, Schwelle, Wasser, Vegetation, Topographie, Choreographie und Metapher in das landschaftsarchitektonische Entwerfen auf unterschiedlichen Massstäben ein. Die Architekturstudierenden entwickeln ein Projekt aus Wahrnehmungen des Orts, Kenntnissen der landschaftsarchitektonischen Typologie und Vorstellungen zum öffentlichen Raum. Sie machen sich mit GIS als Analysetool, Modellbau als Entwurfsmethode und landschaftsarchitektonischer Plandarstellung vertraut. Der Entwurfsprozess wird von Workshops, Vorlesungen, Exkursionen, Kritiken sowie einem Workbook begleitet.

Miniatur aus dem Halname, Herat, 1604