Entwurf Herbstsemester 2017

München und Bayerische Alpen

Entwurf Herbstsemester 2017: Karte München und Bayerische Alpen, ARGE Oberbayerisches Alpenvorland
Smog über München

Die Entwurfssemester der Professur Vogt kreisen um den Alpenbogen der These folgend, dass dieser als urbaner Common Ground gelesen werden kann. Jedes Entwurfssemester stellt sich die Aufgabe der Verifizierung dieser These, indem wir auf eine Metropolitanregion fokussieren und nach deren spezifischem Bezug zum alpinen Raum fragen.

Nach Milano, Lyon und Ljubljana beschäftigen wir uns im kommenden Herbstsemester mit dem urbanen Territorium von München. Die drittgrösste Gemeinde Deutschlands liegt im Alpenvorland in einem Senkungsbecken zwischen den Kalkalpen und der Donau. Der Fluss Isar, der in den Alpen im Tiroler Teil des Karwendels entspringt, verbindet die Stadt einerseits mit den südlich gelegenen Alpen und somit mit Nord-Italien und andererseits über die Donau mit Wien und Osteuropa.

Obwohl die bayerischen Alpen nur sieben Prozent der Landesfläche ausmachen, haben sie einen grossen symbolischen Stellenwert. Das romantische Bild der idealisierten, idyllischen Alpen was auf die beiden Säulen der «schönen Landschaft» und des «echten Brauchtums» beruht, wird in Bayern seit dem 19. Jahrhundert stark gefördert. Für die Bewohner der Alpen sieht die Realität anders aus. Seit den 1980er Jahren breitet sich die Grossstadt München nach Süden immer weiter aus und verdrängt die herkömmlichen Nutzungsformen. Funktionen wie Wohnen, Naherholung und Sport, die im städtischen Kerngebiet zu wenig Platz finden oder von ungünstigen Bedingungen betroffen sind, werden in die angrenzenden Alpen verlegt.

Die Aufgabe des Semesters besteht in der Neubestimmung der Bedeutung und Nutzung der alpinen Landschaft im Spannungsfeld zwischen Extensivierung (museale Landschaft) und Intensivierung (beispielsweise Tourismus, Landwirtschaft oder Energieproduktion) mit dem Ziel, eine neue produktive Beziehung mit der Metropolitanregion München herzustellen.

Wir verstehen den Entwurf nicht als Endprodukt sondern als Prozess. In einem ersten Schritt untersuchen wir die grossmassstäblichen Beziehungen Münchens. Auf einem zweitägigen Field Trip ergänzen wir den analytischen Blick mit einer persönlichen Sicht auf den Ort. Daraus entwickeln die Studierenden ein individuelles Programm als Grundlage für ihren Entwurf. Die vorgeschlagenen Eingriffe können zwischen städtebaulichen und landschaftlichen Szenarien sowie konkreten architektonischen Vorschlägen variieren.

Organisatorisches

Assistenz: Sebastiano Brandolini, Thomas Kissling, Ilkay Tanrisever
Kontakt: kissling@arch.ethz.ch
Entwurf (051-1135-17 U – 14 KP) und Integrierte Disziplin Planung und Landschaftsarchitektur (051-1235-17 U – 3KP), Woche 1-3 Analyse (Gruppenarbeit), Entwurf (Einzelarbeit).

Die Reise nach München findet vom 07.10.17 bis 08.10.17 statt (Abreise am Freitagabend).
Der Unkostenbeitrag beträgt 220 CHF.

Archiv

The Alps as Common Ground

Durch den Ausbau der Erschliessungsstruktur werden die Alpen immer stärker in die urbanen Netzwerke der umliegenden Metropolen eingebunden. Dies ermöglicht einerseits die Nutzung der Alpen als metropolitane Parklandschaft und andererseits als attraktives Siedlungsgebiet, was zu einer verstärkten Ausbildung der sich heute schon abzeichnenden räumlichen Gegensätze führt: Die Nutzungsintensivierung der gut erreichbaren Alpengebiete steht dabei in zunehmendem Kontrast zur extensiveren Nutzung bis hin zur Verbrachung der übrigen alpinen Regionen. Setzt sich dieser Trend fort, wird dies im Extremfall zu einem Verlust der Alpen als eigenständigem Kultur-, Lebens- und Wirtschaftsraum führen und die Alpenrandgebiete zu reinen Ergänzungsräumen der ausseralpinen Metropolen werden lassen.

Betrachtet man die Alpen als Common Ground der umliegenden Metropolitanräume ergibt sich eine alternative Lesart respektive eröffnet sich ein Potential bezüglich der zukünftigen Entwicklung der Alpen. Unter der Annahme eines verstärkten Siedlungswachstums entlang des Alpenrandes und dessen urbaner Verdichtung würden die Alpen nicht mehr nur zu partiell zugeordneten metropolitanen Parklandschaften, sondern zur zentralen Landschaftsfigur. Liest man die Alpen als Common Ground und somit als eine von verschiedenen Nutzern beanspruchte Ressource, könnte deren Zukunft in einem gemeinschaftlich neu ausgehandelten, nachhaltigen Nutzungsverhältnis bestehen, das traditionelle landwirtschaftliche (endogene) Nutzungen mit ausseralpinen, urbanen (exogenen sowie ubiquitären) Nutzungen kombiniert und überlagert und so letztlich einen verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource der alpinen Landschaft ermöglicht. (vgl. Werner Bätzing, «Die Alpen. Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft», München: Verlag C.H. Beck, 2005, S. 335.) So könnte eine gemeinschaftliche, zentrale Landschaft der umliegenden Metropolitanräume entstehen, die nicht auf traditionellen Bildern und Vorstellungen beharrt, sondern neue Bilder und Bedeutungen schafft und vor allem Strategien für den Umgang mit potentialarmen Räumen entwickeln muss.

Alpenbogen 2015: Urbanisierung (weiss), Schutzzonen (rot), Common Ground (gelb).
Alpenbogen 2100: Urbanisierung (weiss), Schutzzonen (rot), Common Ground (gelb).